Risikoeinschätzung und Leidenschaft

Einige Fragen an Carsten Steege, Generalbevollmächtigter der Stadtsparkasse Wuppertal.

Wer Geld hat, möchte in aller Regel, dass aus seinem Geld mehr Geld wird. Er möchte es 'anlegen'. Seit langem gehört auch die bildende Kunst zu den möglichen Geldanlagen.

Was raten Sie einem Kunden im Private Banking, Herr Steege, der Geld in Kunst anlegen will?

Zunächst ist zu klären, ob diese Anlage im Bereich seines Produktivvermögens angesiedelt sein soll oder ob es um eine Liebhaberei geht. Im Private Banking geht es immer an erster Stelle um Risikoeinschätzungen. Eine Geldanlage soll möglichst verlustgeschützt und gewinngesichert erfolgen.
Soll also durch Investition in Kunst ein Vermögenszuwachs erzielt oder soll ein Vermögensanteil für Kunst ausgegeben werden? Von der Antwort auf diese Frage hängt alles Weitere ab.

Sie raten also ihrem Kunden, sich ganz genau zu überlegen, worum es ihm wirklich geht, um die Kunst oder das Geld?

Unbedingt. Denn die Kunst ist als Anlageprodukt betrachtet ein eher riskantes Spekulationsobjekt. Bedenkt man, was man alles über andere Anlageprodukte wie Wertpapiere, Immobilien und Beteiligungen an Informationen bekommen kann, wie Währungs- und Zinsbewegungen nachvollzogen und vorhergesagt werden, da ist der Markt „Kunst" noch deutlich weniger transparent. Hundertprozentige Sicherheit gibt es auch in den anderen Anlageformen meist nicht, aber bei der Kunst ist es noch einmal deutlich schwerer, Entscheidungen fachlich zu untermauern.

Also Finger weg von Kunst als Anlage.

Das ist sicherlich ein zu pauschales Urteil. Die großen Namen der Kunstgeschichte kann man sicher davon ausnehmen. Ein Kunstwerk ist im Normalfall immer nur gerade so viel wert wie der Preis, den es ad hoc erzielen kann, wenn es in einer Galerie oder auf einer Auktion zum Kauf angeboten wird. Somit grundsätzlich vergleichbar mit einer Aktie oder einer Immobilie, auch da kann niemand die Garantie für eine kontinuierliche Wertsteigerung geben.
Aber die Kunst als Anlage ist besonders schlecht einschätzbar. Deshalb ist grundsätzlich zu klären, welchen Anteil die Kunst am Vermögenskuchen des Kunden hat oder in Zukunft haben soll. Wie sieht die gesamte Vermögenssituation aus? Geht es um den Einsatz von Produktivvermögen oder um die Finanzierung einer Liebhaberei? Das kann aber natürlich nur der Kunde selbst entscheiden.

Sie raten also weder zu noch ab?

Richtig. Wenn im Gespräch geklärt ist, welchen Stellenwert das Kunstengagement im Gesamtzusammenhang eines Vermögens hat, kann man weitersehen, ob man ein alternatives Investment betreibt, um Renditen zu erzielen oder ob man etwa ein anderes Investment mit regelmäßiger, garantierter Ausschüttung einrichtet, um den damit erzielten Gewinn dann für Kunstkäufe ausgeben zu können, also einer persönlichen Leidenschaft nachzugehen.

Das ist nun eine sehr persönliche Angelegenheit.

Auf die Berücksichtigung des ganzen Menschen in allen seinen Interessen und Bezügen kommt es aber gerade an. Und nicht nur auf die Person des Kunden allein, sondern auf sein gesamtes persönliches Umfeld, gerade wenn es um Kunst geht. Wer Vermögensanteile für die Kunst als persönliche Liebhaberei aufwenden will, sollte unbedingt seine Familie einbeziehen: wird die Leidenschaft geteilt, gibt es Aussicht auf Nachfolge und auf Übernahme und Fortsetzung einer Sammlung, die man zusammenträgt. Das sind wichtige Fragen.

Durch die Kunst zum Gewinn neuer Vermögensanteile oder Einsatz von Vermögensanteilen für die Kunst, sind das die Alternativen?

Das ist die entscheidende Frage für die Einschätzung und Beherrschung von Risiken. Und die ist immer der 'harte Kern' unseres Engagements.
Wenn die Bereitschaft und die Entschlossenheit zu sammeln, den Aspekt der reinen Geldanlage mit Gewinnerzielungsabsicht überwiegt, vermitteln wir an die dafür kompetenten Experten. Da gibt es ein Netzwerk von renommierten Partnern, gruppiert um das sparkasseneigene Kunstkontor, mit denen wir zusammenarbeiten.
Wenn die Absicht des Kunden, Kunst zu sammeln und die damit verbundenen Risiken auf sich zu nehmen, zweifelsfrei feststeht, geht es darum, festzustellen, wie groß der Anteil des Engagements dafür in der Vermögensverwaltung sein soll. Um dann auch festzulegen, wie es in die Vermögensstruktur passt, wie sie gegebenenfalls zu verändern ist.
Aber da gibt es natürlich keine allgemeinen Richtwerte, das ist allein abhängig von der Person des Kunden. Die muss immer im Zentrum aller Überlegungen stehen.

Geht es dem Anleger also wirklich um Rendite, wird die Kunst zu einem Anlageprodukt wie jedes andere auch?

In diesem Fall – der nach unserer Erfahrung aber sehr selten ist – ja. Dann kommt der Frage des Anlagehorizontes und der Risikobereitschaft wie alternativen Anlagen auch die größte Bedeutung zu. Und es geht eben um den Anteil des Segmentes „Kunst" am Gesamtvermögen. Wenn man erhebliche Summen in Kunst investiert, muss das Gesamtvermögen schon sehr groß sein, wenn der Wert des Gesamtvermögens nicht zu sehr von den Wertschwankungen des Kunstsegmentes beeinträchtigt werden soll. Es gibt keinen kalkulierbaren Zweitmarkt, man muss gegebenenfalls einen Totalverlust in Kauf nehmen und einen langen Atem haben. Wobei ein Totalverlust – ähnlich wie bei einer Immobilie – nicht wirklich droht: Bei einer Spekulation am Kunstmarkt, die nicht aufgeht, bleibt einem wenigstens das Werk. Und, wer weiß, vielleicht geht ein neuer Versuch einige Jahre oder Jahrzehnte später dann ja ganz anders aus.
Bei einem realisierten Verlust in einer schief gegangenen Börsenspekulation ist das anders. Da ist das Geld dann einfach weg. Jedenfalls für einen selbst, ohne irgendeine Kompensation. Es ist dann woanders, aber für einen selbst verloren.
Fakt ist, dass es sicherlich Kunden gibt, die bei der Investition in Kunst – wenn sie mit Glück und Geschick auf das richtige Pferd gesetzt haben – fantastische Renditen erzielt haben. Diesen Gewinn zu realisieren, fällt dann aber den meisten Investoren nicht leicht.

Diesen Punkt greife ich gerne noch einmal auf. Sie sagten vorhin, die reine Jagd nach Rendite sei aus Ihrem Erleben bei Kunstinvestoren eher selten?

Ja. Weit häufiger geht es in Gesprächen mit dem Kunden gar nicht ums Geld oder um Rendite, sondern um seine neuen Käufe, von denen er begeistert berichtet. Beratung unsererseits bedeutet dann eher, dass man z. B. schon frühzeitig an das Schicksal einer solchen Sammlung denkt, also etwa an die Möglichkeit einer Stiftung.

Also kann man zusammenfassen: Wenn man Geld in Kunst anlegen will, ist die erste –  und damit vielleicht schon wichtigste – Entscheidung, welches Verhältnis man zur Kunst hat. Danach richtet sich dann der Anteil und Stellenwert des 'Segments Kunst' in der strategischen Planung des Vermögens.

Ja, unbedingt. Sammler oder Investor, das sind die Alternativen. Wer dann in Kunst als echter Anleger investieren will und glaubt ein Näschen oder die richtigen Informanten zu haben, kann dies tun. Aber er sollte sich über die Risiken im Klaren sein.

Haben Sie vielen Dank, Herr Steege, für diese 'Grundberatung'.

   

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